Der Kontakt mit dem Du, mit derjenigen Person, die uns berührt, lässt uns in einen Dialog mit unserem wahren Selbst treten, mit dem, was uns im Innersten ausmacht. Es ist diejenige innere Instanz, die durch die Anforderungen des Lebens, durch Unachtsamkeit, durch Stress oder einfach aus dem Vergessen heraus, seine eigene Stimme nicht entwickelt oder gar verloren hat. Die SENTEGRITY - Körperpsychotherapiemethode möchte diese vergessene bzw. verdrängte Stimme hervorlocken und wieder ins Bewusstsein bringen.
Unerfreuliche Erlebnisse in unserer Kindheit, Traumata, Verluste, von den Eltern nicht Gehörtes oder Wahrgenommenes, fehlende Liebe oder das Gefühl nicht Willkommen zu sein in der Welt, alle diese Erscheinungen können sich tief in die Zellstruktur unseres Körpers eingraben. Während wir in unserem „äußeren“ Dasein funktionieren, als gäbe es diese Erlebnisse nicht, leben die Traumen in den Zellen eine Art eigenmächtiges Eigenleben weiter. Sie melden unbewusste Signale der Trauer, Angst oder Unsicherheit an unser Nervensystem. Aus diesen unbewussten Signalen webt das Gehirn Denk- und Verhaltensmuster, die uns wesentlich im Alltag bestimmen, ähnlich einem Teppich, der aus unterschiedlichen und komplex ineinander verwobenen Ornamenten besteht. Wir beginnen uns mehr und mehr mit diesem „Teppich“ zu identifizieren, ohne zu merken, dass wir darunter jemand ganz anderes sind. Es ist dies das Werk unserer Verstandeskräfte. Es sortiert und ordnet. Es sucht logische Erklärungen für nicht ins Wachbewusstsein gehörende Gefühle, vielleicht weil sie zu stark, zu irritierend oder zu beängstigend sind. Das, was nicht „passt“ wird passend gemacht. Um uns aber als Ganzheit zu erleben, als Integrität, als selbstbewusstes ICH wollen auch diese Anteile von uns entdeckt und in unsere Persönlichkeitsstruktur integriert werden. Durch Berührung dringen vergessene Potentiale und Wesenselemente der Persönlichkeit an die Oberfläche und somit ins Bewusstsein.
Dabei spielt der Körper eine wesentliche Rolle. Aus der Körperpsychotherapie wissen wir, dass der Körper als Ganzes oder auch einzelne Körperbereiche durch elementare Erfahrungen von Trauer, Verlust, Bedrohung, Angst, Ablehnung oder Vernachlässigung u.ä.. wie abgetrennt, nicht fühlbar, nicht zugehörig, im Extremfall wie fremd besetzt erscheinen. Das innere Wesen kann sich durch diese Formen der „Abtrennungen“ nicht vollständig zum Ausdruck bringen. Ausdruck bedeutet in diesem Fall jeglicher menschlicher Ausdruck, von der reinen Sinnestätigkeit, dem Sprachvermögen, über Kommunikation, Denken, Fühlen, Wollen, Lieben bis hin zum eigenen kreativ-künstlerischen Schöpfen und schöpferisch werden.
Diese oben genannten „fremden“, nicht wirklich zum eigenen Körper als zugehörig erlebten Teile werden durch die Berührung durch den Therapeuten und durch entsprechende Bewusstwerdung „re-integriert“, sodass sie für die Wahrnehmung wieder fühlbar werden. Der Körper wird aus Erfahrungsberichten oft als vollständiger, fassbarer, lebendiger erlebt. Je integrierter sich eine Persönlichkeit in seinen Körperstrukturen weiß, umso klarer, authentischer, vollständiger und stabiler erlebt sich somit auch das innere Wesen.
Bei dieser Berührungstherapie handelt es sich nicht um beliebige Berührung, auch nicht um eine spezifische Berührungstechnik. Die Berührung sollte sogar frei von jeglicher methodisch-therapeutischer Zielsetzung sein. Denn nicht der Therapeut gibt die Form vor, sondern derjenige, der berührt wird. Er wird dazu aufgefordert, seine spontanen und elementaren „Berührungsbedürfnisse“ zu äußern. Wo sollen die Hände desjenigen liegen, der berührt? Wie sollen die Hände den Körper berühren? Welche Form sollen sie einnehmen? Welche Qualität soll die Berührung haben? Sollen zum Beispiel die Hände ein Körperteil fest umschließen oder soll es nur ganz zart berührt werden? Das Äußern von Bedürfnissen kommt einem seelischen Heilungsprozess gleich. Dies gelingt im wesentlichen über die der Seele eigenen Fähigkeit des Fühlens oder der gefühlten Wahrnehmung, dem sogenannten „Felt-Sense“, wie dies im Focusing* genannt wird. Durch die Berührung eines Gegenübers im therapeutischen Kontext wird die Möglichkeit eröffnet, eigene Bedürfnisse wahrzunehmen und sie zu äußern, ohne Erwartungen erfüllen zu müssen, wie dies womöglich bei nahen Bezugspersonen der Fall ist. Der Berührte kann vollkommen offen mitteilen, wie sich die Berührung gestalten soll. Die Äußerungen seines wachen und bewussten Ichs (des Erwachsenen) geben zugleich den ungehörten, unerfassten Gefühlen (des Kindes) in seinem Inneren eine Stimme: Sie werden endlich gehört! Und darüber hinaus: das, was in der Kindheit als zu wenig erfahren, als Mangel empfunden, das, was nicht genährt wurde, schenken nun andere Hände, geben andere Hände zurück. Aber eben nicht irgendwie! Dieser Aspekt ist im Kontext der sogenannten „Nachnährung“ besonders wichtig. Denn es hat Bedeutung, dass der Therapeut die Person meint, die die Berührung empfängt, d.h. sie in ihren Wünschen und Bedürfnissen ernst nimmt und ganz für sie da ist. Der Lernprozess für den Empfangenden besteht darin, alle gefühlten, von innen nach außen drängenden Bedürfnisse und Wünsche ernst zu nehmen. Dabei wird jeder Äußerung, jedem spezifischen Bedürfnis nach Berührung nachgegangen, auch wenn es noch so banal, ungewöhnlich oder abstrus erscheinen mag.
Sensualität, d.h. einfühlsame Aufmerksamkeit und Wahrnehmung für das, was gefühlt werden möchte, ist bei beiden gefragt, bei demjenigen, der berührt und bei demjenigen der berührt wird. Der Therapeut bestimmt nicht die Vorgehensweise. Beide Seiten sind bereit sich intuitiv führen zu lassen. Durch dieses beidseitige „Sich-Einlassen“ entwickelt sich eine Art offener sensualer Dialog, der „Therapeut“ und „Patient“ auf gleicher Augenhöhe erscheinen lässt. Der Therapeut weiß nicht mehr als der Patient. Er begleitet den Prozess durch Fragen, die sich ihm durch die Berührung intuitiv ergeben. Über das von beiden Seiten Wahrgenommene kann während der Sitzung frei gesprochen werden, es kommt ins „Wort“, wird aber möglichst nicht interpretiert oder „kopfmäßig“ analysiert. Wichtig ist, während des Prozesses auf beiden Seiten in der fühlenden Wahrnehmung, Aufmerksamkeit und Bewusstheit zu bleiben. Erinnerungen, Traum- oder Seelenbilder, Eingebungen, Intuitionen, Verknüpfungen und Assoziationen, die durch den „berührten“ Körper sprechen, sich durch ihn äußern, werden genutzt, um einen „Aufhänger“ bzw. ein Schlüsselthema zu finden, das sich wie ein roter Faden durch die Sitzung ziehen kann. Auf diese Weise werden innere Prozesse angestoßen, durchlebt und Zusammenhänge verstanden. Am Ende steht über dem Akt des reinen Fühlens ein Bewusstheitsprozess, der sich in konkreten Wahrnehmungen, Selbsterkenntnissen oder Motivations- und Willensimpulsen äußert. Es eröffnen sich konkrete Wege zukunftsweisender Veränderung.
Ziel des weiteren Prozesses kann sein, nicht nur Klarheit und Sicherheit in seine Entscheidungen und somit in sein Leben zu bringen, sondern das eigene Wesen durch den bewussten Körper authentisch und kreativ zum Ausdruck zu bringen, sei es durch das geschriebene Wort, die Stimme, den Gesang, die Sprache, durch Kunst, Malerei, Musik, Bewegung oder Tanz. * Focusing ist eine therapeutische Methode
Eine Sitzung dauert in der Regel zwischen 60 und 90 Minuten.
Der zu Behandelnde liegt auf einer bequemen Matte auf dem Boden oder einer Behandlungsliege; je nach Berührungsbedürfnis können verschiedene Liege- oder Sitzpositionen eingenommen werden. Der Patient kann selbst entscheiden, ob er seine Kleidung anbehalten oder ausziehen möchte. Dazu muss gesagt werden, dass die Wahrnehmung der Berührung auf nackter/bloßer Haut oft intensiver, deutlicher spürbar ist. In jedem Fall wird der persönliche Wunsch des Patienten respektiert.
Während der Sitzung kann jederzeit gesprochen werden. Der Patient äußert seine Berührungsbedürfnisse und wird zu seinen Wahrnehmungen und zu seinem Befinden befragt. Der Therapeut spricht über seine Wahrnehmungen, Bilder und Assoziationen, vor allem auch über das Schlüsselbedürfnis, das er entdeckt zu haben glaubt. Aber auch hier ist das Vorgehen offen. Manchmal kann es wichtig sein zu schweigen und nur zu fühlen und nachzuspüren.
Dennoch ist es ein wichtiger Teil der Therapie, das Gefühlte ins WORT und damit deutlich ins Bewusstsein zu bringen. Mit „WORT“ verstehen wir Sinn-Begriffe, die für den einzelnen Bedeutung erlangen. Wenn der Einzelne über das Fühlen Erkenntnisse über sich erlangt, kann dies wiederum zu einem (Aha) Erlebnis werden, das sich im Gedächtnis speichert und jederzeit abrufbar ist.
Am Ende wird der Prozess in aufrechter entspannter Sitzhaltung gemeinsam in einem kurzen Gespräch zusammengefasst. Während der Sitzung entwickelte Ich-Sätze oder Beschlüsse werden als „Hausaufgaben“ in den Lebensalltag mitgenommen.
Es ist ratsam, das Erfahrene schriftlich festzuhalten.
An Menschen, die Fragen an sich haben.
An Menschen, die ihre wahre Aufgabe im Leben suchen.
An Menschen, die mit sich oder ihrer momentanen Situation unzufrieden sind.
An Menschen mit depressiven Verstimmungen, erlittenen Traumata, Mangelgefühlen.
An Menschen mit körperlichen und psychischen Stresssymptomen.
An alle, die sich verändern möchten.